Grundstoff, Essig, Neudorff
Der Grundstoff Essig von Neudorff im Einsatz (Quelle: Neudorff)

Nachhaltigkeit 2023-09-28T09:05:53.259Z Moderner Pflanzenschutz aus der Natur

Grundstoffe Pflanzen mit Pflanzen schützen, das Prinzip ist uralt und vor der Entwicklung chemischer Pflanzenschutzpräparate auch so ziemlich die einzige Möglichkeit, Nutz- und Zierpflanzen vor Fressfeinden und Schadorganismen zu schützen.
Katharina Adams

Es sind diese Mittel mit natürlichen Inhaltsstoffen, die die Pflanze stark machen und ihre Abwehrkräfte erhöhen, sodass sie sich selber besser wehren kann. Gut bekannt ist etwa die Wirkung von Kieselsäure (enthalten in Ackerschachtelhalm), die das Blattgewebe härtet und auf diese Weise weniger anfällig für saugende Insekten macht. Den Blattläusen werden die Blätter also schlicht zu hart. Natürlich wirken Stärkungsmittel nicht hundertprozentig, aber der Befallsdruck geht zurück. Es soll ja auch für die Fressfeinde noch etwas übrig bleiben, die sonst keine Nahrungsgrundlage mehr hätten. Für den gesamten hochkomplexen Ökokreislauf ist es nämlich fatal, wenn einzelne Glieder völlig aus der Nahrungskette herausfallen. Das sollte den Kundinnen und Kunden am POS auch so kommuniziert werden, wobei sich ja viele von ihnen bereits Gedanken um Biodiversität und nützlingsschonendes Gärtnern machen.

Aus diesen Gründen sind die sogenannten Grundstoffe eine interessante Gruppe an Wirkstoffen. Ursprünglich waren sie nicht für die Verwendung als Pflanzenschutz- oder Pflanzenstärkungsmittel definiert, sie eignen sich aber dennoch für genau diese Verwendung und dürfen auch dafür verwendet werden.

Schädlinge bekämpfen ohne Umwelt zu schädigen

Dazu müssen sie aber einige Bedingungen erfüllen: Grundstoffe dürfen nicht bedenklich sein, keine Störungen des Hormonsystems und keine neurotoxischen oder immuntoxischen Wirkungen auslösen. Nur Stoffe, die die Kriterien eines Lebensmittels erfüllen, können auch ein Grundstoff sein. Trotzdem zeichnen sich Grundstoffe durch eine gute Wirksamkeit aus. Bei einer gezielten und vorschriftsmäßigen Anwendung können Schaderreger bekämpft werden, ohne die Umwelt oder die Gesundheit von Mensch und Tier negativ zu beeinträchtigen.

Keine Zulassung erforderlich

Im Gegensatz zu Pflanzenschutzmitteln erfordert das Inverkehrbringen von Stoffen und Gemischen, die ausschließlich aus Grundstoffen bestehen, keine Zulassung durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL).

Die Genehmigung eines Grundstoffes erfolgt auf der Grundlage eines Beurteilungsberichts, in dem die zulässigen Anwendungen beschrieben werden. Außerdem werden dort die Bedingungen festgelegt, unter denen der Grundstoff angewendet werden darf. Eine solche Genehmigung ist daher nicht befristet.

Allerdings sind die Anwendungsbereiche für die einzelnen Grundstoffe begrenzt, sie werden immer für bestimmte Kulturen, Zeiträume und lokale Bereiche genehmigt, also zum Beispiel für Freiland, Gewächshaus oder Innenräume.

Bei den Herstellungsbedingungen wird festgelegt, was als Rohstoff für die Gewinnung der Grundstoffe verwendet werden darf. Wenn eine Pflanze als Rohstoff verwendet wird, werden die zu verwendenden Pflanzenteile, das heißt Blätter, Wurzeln oder Blüten, genau definiert.

Wichtige Grundstoffe im Garten: Urtica und Lecithin

Fertige Grundstoffkonzentrate, aber auch Fertigsprays werden von der Industrie angeboten. Einer der wohl am häufigsten verwendeten Grundstoffe ist die Brennnessel (Urtica), die sich seit Langem für die Herstellung von Jauchen und Brühen bewährt hat. Einsetzbar ist er als Fungizid und zur Insektenabwehr. Brennnessel ist genehmigt zur Abwehr von häufigen Pflanzenschädlingen wie Blattläusen, Spinnmilben, Kohl-Erdfloh, Apfelwickler und andere. Geeignet ist er zur Anwendung an Obst- und Gemüsekulturen sowie an Rosen und anderen Zierpflanzen. Das Präparat von Neudorff ist schon anwendungsfertig formuliert und kann sofort mit der Sprühflasche ausgebracht werden. Substral Naturen vertreibt sowohl fertig verdünntes Spray als auch ein Konzentrat, das der Anwender vor Ausbringung entsprechend verdünnt und in eine Sprühflasche oder in ein Sprühgerät gefüllt wird. Das Gleiche gilt auch für das Sortiment von Solabiol.

Einsatz zur Vorbeugung und bei akutem Befall

Lecithin wird vorwiegend aus Sojabohnen hergestellt und in der Lebensmittelindustrie und auch bei der Cremeherstellung als Emulgator eingesetzt. Es verbessert die Mischbarkeit fett- und wasserlöslicher Substanzen. Lecithin besitzt aber auch eine natürliche fungizide Wirkung, denn es hemmt die Keimung von Sporen verschiedener Blattpilze wie zum Beispiel Mehltau oder Phytophtora (Kraut- und Braunfäule). Lecithin lässt sich sowohl vorbeugend als auch bei einem akuten Befall einsetzen, da es ein Übergreifen des Pilzmycels auf noch gesunde Blätter reduziert. Lecithin ist ungiftig, leicht biologisch abbaubar und nicht bienengefährlich.

Für die Verwendung im Privatbereich wird das Lecithin-Konzentrat je nach zu behandelnder Pflanze in kaltes Wasser eingerührt und auf diese Weise verdünnt. Zugelassen ist Lecithin für die Behandlung vieler unterschiedlicher Pflanzen, von Salat über Gurken, Tomaten, Weinreben, Kern-, Stein- und Beerenobst bis hin zu Zierpflanzen wie Rosen. Wichtig: Bis zur Ernte müssen bestimmte Wartezeiten eingehalten werden. Unterschiedliche Verpackungsgrößen werden beispielsweise von Substral Naturen und Solabiol angeboten.

Weitere Grundstoffe, die sich im privaten Bereich bewährt haben und die die Industrie auch als Fertigprodukte anbietet, sind Ackerschachtelhalm und Hydrogencarbonat (Natron) sowie Essig (Acetum), wobei Letzteres für die Unkrautbeseitigung auf Nicht-Kulturflächen, also Wegen und Terrassen, zugelassen ist.

Grundstoff, Lecithin, Solabiol
Grundstoff Lecithin von Solabiol (Quelle: Solabiol)
grundstoff, urtica, solabiol
Grundstoff Urtica von Solabiol (Quelle: Solabiol)
zuletzt editiert am 26. April 2023