Der 6. Zivilsenat (Verbraucherrechtssenat) des Oberlandesgerichts Stuttgart hat am 22. September 2025 die Unterlassungsklage der Verbraucherzentrale Bundesverband gegen Lidl im Zusammenhang mit dem Vorteilsprogramm „Lidl Plus“ abgewiesen. Das OLG hat in seinem Urteil die Unterscheidung zwischen monetären Kosten und sogenannten „Datenkosten“ betont. BaumarktManager zeigt die wichtigsten Aspekte des Urteils sowie die Verbindung zu vergleichbaren Apps.
Ausgangspunkt war die Klage des Verbraucherschutzverbandes, der moniert, dass die Nutzung der App nicht kostenlos sei. Obwohl kein Geld gezahlt wird, bezahlt der Verbraucher mit seinen Daten (Verwendung der Anmeldedaten, Gebrauch der App), so die Argumentation. Lidl dürfe daher nicht behaupten, die Nutzung der App sei kostenlos und sei zudem gesetzlich verpflichtet, einen „Gesamtpreis“ anzugeben. Die Klage der Verbraucherzentrale gegen Lidl basiert auf dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG).
Die wichtigsten Aspekte des Urteils:
- Definition des Begriffs „kostenlos“: Das OLG hat entschieden, dass der Begriff „kostenlos“ auf den monetären Aspekt abzielt. Verbraucher zahlen keinen Geldbetrag für die Nutzung der App, was es Lidl erlaubt, die App als „kostenlos“ zu bewerben. Die Erhebung und Nutzung von Daten durch das Unternehmen stellt in den Augen des Gerichts keine „Kosten“ im rechtlichen Sinne dar, sondern eine separate Form der Gegenleistung.
- Pflicht zur Angabe eines „Gesamtpreises“: Der Gesamtpreis soll nach deutschem und EU-Recht versteckte Kosten oder Abofallen verhindern. Da mit „Preis“ ein Geldbetrag gemeint ist, fällt die Erhebung von Daten nicht unter diese Regelung. Unternehmen wie Lidl sind daher nicht verpflichtet, einen nicht-monetären „Gesamtpreis“ anzugeben.
- Irreführung durch den Begriff „kostenlos“: Nach Auffassung des Gerichts entsteht bei verständigen Lesern, die die Teilnahmebedingungen lesen, kein missverständlicher Eindruck, dass die Nutzung der App ohne Gegenleistung erfolgt. Lidl hat in den Nutzungsbedingungen klar dargelegt, welche Daten erhoben und wie sie genutzt werden, womit die Verbraucher ausreichend informiert werden.
- Lesbarkeit und Transparenz der Teilnahmebedingungen: Obwohl die Nutzungsbedingungen 18 Seiten lang sind, hat das Gericht dies nicht beanstandet, da die relevanten Informationen zum Umgang mit Daten klar enthalten sind.
- Zulassung der Revision: Das OLG hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, da es sich um eine Fragestellung von grundsätzlicher Bedeutung handelt, insbesondere im Hinblick auf den Umgang mit datenbasierten Geschäftsmodellen.
Parallelen im DIY-Handel
Ähnliche Apps wie die HeyObi-App basieren auf denselben Grundprinzipien wie Lidl Plus: Verbraucher registrieren sich, erhalten Zugang zu Rabatten, personalisierten Empfehlungen und Sonderaktionen, während das Unternehmen Nutzerdaten erhebt und auswertet. Das Urteil bietet klare Orientierungspunkte, wie auch andere Anbieter ihre Apps rechtlich einwandfrei gestalten können.
Fazit: Das Urteil zugungsten LEH-Anbieters könnte Präzedenzcharakter für ähnliche Geschäftsmodelle im Handel haben, bei denen Verbraucherdaten als Gegenleistung genutzt werden, ohne dass monetäre Zahlungen erforderlich sind. Auch Anbieter im DIY-Handel können ihre digitalen Services als „kostenlos“ bewerben, unter der Voraussetzung, dass die Datenverarbeitung transparent und in den Teilnahmebedingungen klar kommuniziert wird. Das Urteil stärkt damit das datenbasierte Geschäftsmodell, setzt jedoch auf die Eigenverantwortung der Verbraucher, sich über die Nutzung von Apps sowie deren Datenschutzpraktiken ausreichend zu informieren.
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